Blockchain ist in aller Munde: Die Technologie verspricht absolute Transparenz und Sicherheit für Unternehmen. Wie und warum gerade Logistiker von der Blockchain profitieren können, erläutern Aljosja Beide, Co-Gründer des BlockLab in Rotterdam, und Tim de Knegt vom Hafenbetrieb Rotterdam.

Herr de Knecht, Warum ist die Blockchain-Technologie für die Logistik so interessant?

Tim de Knegt: Die Blockchain hat grundsätzlich das Potenzial, Transaktionskosten zu verringern und die Effizienz entlang der Supply Chain zu verbessern. Zudem kann sie neue Services entlang der Lieferkette ermöglichen und so dazu beitragen, dass Logistikunternehmen oder Banken sich neue Einnahmequellen erschließen. Wir denken hier zum Beispiel an Inventory Financing, bei dem ein Unternehmen einen Kredit auf Basis seiner Lagerbestände bekommt. Oder an das Tracken von Gütern während des Transports, um etwa deren aktuelle Position oder ihre Temperatur zu verfolgen.
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Welche Aufgabe hat das BlockLab in Rotterdam?

Aljosja Beije: Wir sind eine Tochtergesellschaft des Rotterdamer Hafens und bringen unterschiedliche Partner zusammen, um konkrete Anwendungsfälle der Blockchain zu untersuchen – zum Beispiel Logistikunternehmen, IT-Firmen und Banken. Außerdem bauen wir Wissen über verschiedene Arten der Blockchain auf, zum Beispiel Etherium und Hyperledger. Hinzu kommt, dass wir Studenten und Mitarbeiter unserer Partner weiterbilden, damit sie eines Tages „Blockchain-Ingenieure“ werden können.
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An welchen Anwendungsfällen arbeiten Sie gerade?

Aljosja Beije: Unser erstes Pilotprojekt beschäftigt sich mit dem bereits angesprochenen Thema „Inventory Financing“ von e-Bikes. Beteiligt sind der Logistik-Service-Provider NBK, die Bank ABN-AMRO Commercial Finance, Exact Software und Innopay als E-Payment-Spezialist. Das Unternehmen erhält von dem Kreditinstitut Liquidität, wobei die im Lager noch nicht am e-Bike montierten Akkus als Sicherheit dienen. Beide Parteien tauschen ihre Daten direkt über die Blockchain miteinander aus. Das stellt sicher, dass es keine Manipulationen gibt. Ohne die Blockchain müsste man einen großen Aufwand treiben, um den Lagerbestand festzustellen – etwa mit Hilfe von Bestandslisten. Oder man müsste einen zentralen Datenaustausch über einen Mittelsmann aufbauen. Auf diesem Gebiet gibt es aber nur sehr wenige Erfolgsgeschichten für kleinere und mittlere Unternehmen. Vertrauen zu niedrigen Kosten: So lässt sich der Vorteil der Blockchain kurz zusammenfassen.
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Wie ist der Stand dieses Projektes?

Tim de Knegt: Wir haben vor einem Jahr damit begonnen und werden Anfang 2018 mit dem Produktivbetrieb starten. Derzeit sind nur der Fahrradhersteller und die Bank daran beteiligt, aber später wollen wir das Inventory Financing über die Blockchain auch anderen nationalen und internationalen Unternehmen, Logistikfirmen und Banken anbieten.

Welche weiteren Ideen möchten Sie mit der Blockchain umsetzen?

Tim de Knegt: Wenn wir den Weg der Waren längs der Transportkette verfolgen, können wir auch die Rechnungsstellung und die Zwischenfinanzierung dramatisch vereinfachen. Heute kommt es längs der Supply Chain oft zu 15 bis 20 Finanzierungsschritten durch verschiedene Partner, für die jedes Mal Gebühren in Höhe von mehreren Prozent des Warenwertes anfallen. Mit der Blockchain und Smart Contracts könnte man die gesamte Finanzierung von Anfang bis zum Ende über eine einzige Bank abwickeln. Das würde die Transaktionskosten um 20 bis 30 Prozent verringern.

[selectivetweet float=“left“]#Blockchain kann die Logistik-Transaktionskosten für Verlader und Dienstleister senken.[/selectivetweet]

Warum sollten die Banken auf diese Einnahmen freiwillig verzichten?

Aljosja Beije: Weil sie keine andere Wahl haben. In Zukunft wird man mit der Finanzierung längs der Supply Chain kaum mehr Geld verdienen können. Darum müssen sich die Banken ohnehin umstellen – und wer vorne mit dabei ist, hat einen Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern. Dafür ergeben sich dank der Blockchain aber auch neue Geschäftsmöglichkeiten. So eröffnet sie zum Beispiel einen kompletten Überblick über die Supply Chain, und die Banken könnten ihr Geld künftig damit verdienen, ihren Kunden Risikobewertungen zu verkaufen. Denn damit kennen sie sich bereits heute bestens aus.

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Sicherheit mit Blockchain
Blockchain kommt aus dem Englischen und heißt: Block-Kette. Die Blockchain ist eine Datenbank, in dem Daten gespeichert und immer weiter ergänzt werden. Damit ähnelt sie einer Kette, der am unteren Ende ständig neue Elemente hinzugefügt werden. Ist ein Block vollständig, wird der nächste erzeugt. Jeder Block enthält eine Prüfsumme des vorhergehenden Blocks – deshalb ist die Kette fälschungssicher. Weil die Blockchain dezentral verwaltet wird, ist sie außerdem absolut transparent.
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