Dem automatisierten Fahren gehört die Zukunft. Gerade in Systemverkehren und auf langen Strecken ist das Platooning – die elektronische Verkopplung von Lastwagen – eine ausgezeichnete Möglichkeit, um Transporte effizienter zu steuern und Kraftstoff zu sparen. Aber wie geht Platooning? Wie ist das Mensch-Maschine-Verhältnis? Was macht die Automatisierung mit dem Fahrer? Das Team von Logistik aktuell hat Platooning live erlebt.

3. Juli, 2018, 13.20 Uhr
Südöstlich vor Berlin erstreckt sich der neue Flughafen BER. Zum Glück ist er noch nicht in Betrieb, denn sonst wäre heute keine Probefahrt im Platooning, dem automatisierten Kolonnenfahren, möglich. Nach der Ankunft am BER werden wir, das Team von logistik aktuell und andere Journalisten, in das Projekt eingeführt. DB Schenker, der Nutzfahrzeughersteller MAN und die Hochschule Fresenius haben eine Weltpremiere initiiert. Ende Juni starteten sie den weltweit ersten Einsatz von so genannten Platoons im Echtbetrieb. Die Lastwagen sind über eine elektronische Deichsel aneinander angekoppelt. Nach der Einführung geht es los zum Startpunkt auf dem Rollfeld.

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13:50 Uhr
Wir steigen in die Fahrerkabine des MAN-Trucks. Auf den bequemen Sitzen schnallen wir uns an. Der Fahrer heißt Tito Tang und ist Entwickler bei MAN Truck & Bus – er kennt jedes Detail in der Platoon-Anlage. Durch Knopfdruck lässt er den Motor an. Kurz darauf setzt sich das schwere Fahrzeug in Bewegung und folgt dem Führungs-Lkw.

Platooning bedeutet, dass die beiden Fahrzeuge über Car-to-Car-Kommunikation elektronisch miteinander verbunden sind. Sie verfügen über alle notwendigen Steuerungselemente für eine elektronische Verbindung: Sensoren, Kameras und Übertragungstechnik machen aus zwei Lastwagen einen. Das vordere Fahrzeug steuert das hintere.

13:53 Uhr
Der vordere Lkw hat die 60 km/h Reisegeschwindigkeit erreicht. Fahrer Tang drückt einen Taster am Display und stellt so die Ankoppelanfrage an das vordere Fahrzeug. Nur wenige Sekunden dauert dieser Vorgang, dann kommt die elektronische Bestätigung. Tang nimmt den Fuß vom Gaspedal. Wir sind nun ein Platoon! Das schwere Fahrzeug zieht an und nähert sich bis auf 15 Meter dem Führungs-Lkw. Bremst der vordere Lkw, beschleunigt er oder weicht er einem Hindernis aus, dann werden diese Informationen in Echtzeit per WLAN an den hinteren übertragen.

13:54 Uhr
Draußen rauscht der BER vorbei, vor uns glänzt das Heck unseres Platoon-Führungs-Lkw in der Sonne. Unser Fahrer behält beide Hände am Lenker. Theoretisch könnten beliebig viele Fahrzeuge aneinandergekoppelt werden. Doch wegen der hohen Verkehrsdichte werden wahrscheinlich Platoons mit bis zu maximal fünf Lastwagen auf Deutschlands Autobahnen fahren. 15 Meter Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug sind nicht viel. Daher reagiert das System in Bruchteilen von Sekunden. Weil es viel schneller als ein menschlicher Fahrer den Bremsbefehl auslöst, sorgt automatisiertes Fahren für mehr Sicherheit im Verkehr.

[selectivetweet]An Bord eines Platoons: DB #Schenker, #MAN_Group und die #Hochschule #Fresenius untersuchen das Verhältnis Mensch-Maschine beim #Platooning.[/selectivetweet]

13:55 Uhr
Bald endet die Rollbahn: Nach knapp zwei Kilometern Fahrt drückt Tang die Taste, um das Platoon aufzulösen. Der Wagen verzögert. Das Heck des Vordermanns entfernt sich. So ähnlich wird es sein, wenn sich ein anderes Fahrzeug in den engen Raum zwischen den Lkw drängt: Verschiedene Sensoren erkennen den Einscherer. Dann löst sich das Platoon auf. Das hintere Fahrzeug fällt zurück und wird vom Fahrer kontrolliert auf Sicherheitsabstand gebracht.

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13:57 Uhr
Am Ziel angekommen steigen wir aus. Dort wartet schon Andy Kipping. Er ist einer von zehn Fahrern, die DB Schenker für den Echtbetrieb ausgewählt hat. Seit neun Jahren ist er Lkw-Fahrer und absolviert derzeit die zweimonatige Schulung bei MAN. So macht er sich mit den Feinheiten des automatisierten Fahrens vertraut.Auf dem Kopf trägt er eine Haube mit Sensoren, die feststellen, ob er ermüdet oder konzentriert dem Weg folgt.

Die Hochschule Fresenius wertet so aus, wie die Fahrer auf den automatisierten Vorgang reagieren. Über eine Spezialbrille erkennen die Forscher außerdem, wohin der Fahrer blickt. Bis Anfang 2019 sollen erste Erkenntnisse über das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine vorliegen. Andy Kipping, der im August den Regelbetrieb mit echter Fracht aufnimmt, ist jetzt schon begeistert. „Es ist für mich wirklich faszinierend, hier und jetzt mitzumachen beim Fahren der Zukunft.“

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