Am 23. Oktober wurde die Hongkong-Zhuhai-Macao-Brücke offiziell eröffnet. Wie verändert sie die Region durch dieses Infrastrukturprojekt und welche Auswirkungen hat sie für Verkehr, Logistik und wirtschaftliche Entwicklung?

Die Hongkong-Zhuhai-Macao-Brücke hat mit einem insgesamt 36 Kilometer langen Brückensystem, mehreren künstlichen Inseln und einem 7 Kilometer langen Meerestunnel alles zu bieten, was ein Bauwerk der Superlative benötigt. Ein Prestigebau ist sie sicherlich und die längste Meeresbrücke auch, wenn man alle Abschnitte zu insgesamt 55 Kilometern zusammenzählt.

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Der Bau dauerte insgesamt neun Jahre – zwei Jahre länger als geplant. Aber was sind schon neun Jahre bei 55 Kilometern Streckenlänge. Sie verbindet die zwei chinesischen Sonderverwaltungszonen mit dem Festland: die Halbinsel Macau (die bis 1999 noch portugiesische Kolonie gewesen ist) mit Hongkong (bis 1997 britische Kolonie) mit der Stadt Zhuhai in der Provinz Quangdong. Die Brücke soll die Fahrtzeit drastisch verkürzen: von Hongkong nach Zhuhai reduziert sie sich von mehreren Stunden auf etwas mehr als eine halbe Stunde.

Und damit man gleich merkt, wo es langgeht: Während in Hongkong und Macau kolonialzeitlich bedingter Linksverkehr herrscht, wird auf der Brücke rechts gefahren, genauso wie auf dem Festland Chinas. Die Brücke befahren darf nur, wer eine Plakette hierfür ergattert, und die sind ziemlich rar.

In den Genuss der verkürzten Fahrzeit soll weniger der individuelle Personenverkehr kommen, das würde an den Enden der Brücke zu einem Verkehrskollaps führen. Vor allem für Busse und Frachtfahrzeuge wurde die Brücke gebaut. Ein Bauprojekt also, das hierzulande das Herz eines jeden Berufskraftfahrers höherschlagen ließe.

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Die Pendler sollen in Bussen die Brücke passieren, dann lässt sich auch gleich am Busbahnhof besser kontrollieren, wer mit was wohin reist. Immerhin verbindet die Brücke drei verschiedene Verwaltungszonen mit unterschiedlichen Einreise- und Zollbestimmungen sowie drei verschiedenen Währungen.

Greater Bay Area

Doch wieso gibt China 17,3 Milliarden US-Dollar aus für ein dermaßen großes Bauprojekt, wo doch Hongkong gerade über eine Hochgeschwindigkeitszugstrecke mit dem Festland eng verbunden wurde? Die Mega-Brücke ist genauso wie der Ausbau des Hochgeschwindigkeitsschienennetzes und der Flughäfen ein Schritt hin zur angestrebten Verkehrsinfrastruktur für die geplante Greater Bay Area. Weitere Brücken sollen folgen, weitere Zugstrecken ebenfalls. Die neueröffnete Brücke ist da nur ein großer Schritt unter vielen.

Vor allem die weniger dicht besiedelten westlichen Gebiete der Greater Bay Area rund um die Metropolen Jiangmen und Zhaoqing profitieren und werden zu Problemlösern für die Region: Denn sie könnten dann Pendler in die Megacities Hongkong, Shenzhen und Guangzhou entsenden, ohne gleichzeitig die Wohnsituation dort noch weiter zu verschärfen. Gleichzeitig soll dieser westliche Teil der Area viele neue Logistik- und Lagerflächen zur Verfügung stellen, die dann akzeptabel vernetzt wären mit dem Rest der Greater Bay Area.

Die Greater Bay Area soll die insgesamt 11 Metropolen, die rund um das Perlflussdelta liegen zu einer riesigen Wirtschaftsregion verbinden. Insgesamt knapp 70 Millionen Menschen auf einer Fläche, die ungefähr so groß ist wie Baden-Württemberg und Hessen, können sich dann als Bewohner der Greater Bay Area bezeichnen und innerhalb dieser leicht und schnell pendeln. Die Greater Bay Area wird dann – gemessen an der Bevölkerungszahl – das weltgrößtes City-Cluster sein, weit vor der Metropolregion Tokio, die heute mit 44 Millionen Einwohnern als größtes City-Cluster gilt.

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