Effizienz durch sorgfältig geplante Automation – das Containerterminal Altenwerder © HHLA / Christian O. Bruch
Effizienz durch sorgfältig geplante Automation – das Containerterminal Altenwerder © HHLA / Christian O. Bruch

In Altenwerder lagen vor noch 20 Jahren bunte Fischerboote gemütlich vor grünen Deichen vor Anker. Seit 2002 verlädt hier das Containerterminal Altenwerder (CTA) der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) jährlich Millionen von Container. Der hochautomatisierte Terminal ist einer der modernsten Umschlagplätze der Welt.

Und die Entwicklung des Standortes geht weiter: In Zukunft soll der CTA nicht bloß weltweite Güter, sondern auch Energie auf Lager nehmen: Anfang 2019 startete das CTA zusammen mit Partnern ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt, um die automatischen Fahrzeuge des CTA zu mobilen Stromspeichern weiterzuentwickeln.

Automatisierter Knotenpunkt zwischen See, Straße und Gleis

Im Unterschied zu organisch gewachsenen Frachthäfen, die sich über Jahre oder Jahrhunderte entwickelt haben, ist der CTA von Anfang bis Fertigstellung klar strukturiert, platzsparend geplant und in Computersimulationen getestet worden – noch bevor der erste Spatenstich getan wurde.

Der Hightech-Terminal ist Knotenpunkt von Straße, Schiene und Wasser. Er bildet eine Brücke zwischen riesigen internationalen Post-Panamax Frachtschiffen und dem größten Containerbahnhof in Deutschland. Der benachbarte Kombi-Transeuropa Terminal Hamburg (KTH) fertigt Güterzüge auf neun parallelen Gleisen ab.

Das Containerlager des CTA besteht aus 26 Lagerblöcken mit jeweils zwei Portalkränen auf Gleisen. Dank unterschiedlicher Größen können die Kräne parallel arbeiten. Eine Software übernimmt auch die Ordnung der Lager. Sie räumt beispielsweise in Ruhezeiten auf, um benötigte Container möglichst schnell bereitzustellen.

Computergesteuerte Präzision und autonome Fahrzeuge

Der Großteil der Arbeitsabläufe des Terminals wird von einer Software gesteuert. Nur das Be- und Entladen von LKW, Chassis und Schiffen liegt in den Händen menschlicher Operatoren und Kranführer. Automatische Katzen verladen die Fracht auf automatische Transportfahrzeuge, die sogenannten Automated Guided Vehicles (AGV). Der Automatisierungsgrad erzeugt zugleich eine hohe Abhängigkeit von den eingesetzten Computersystemen. So provozierte ein Computerausfall Anfang März einen Containerstau im Hamburger Hafen. Die Störung konnte allerdings nach drei Stunden behoben werden.

Die AGV steuert eine Software. Sie stellen eine autonome Verbindung zwischen den Containerbrücken und dem Containerlager dar. Mithilfe von 19.000 Transpondern finden die computergesteuerten Gefährte die schnellsten Wege und suchen selbstständig Ladestationen und Tankstellen auf.

Mobile Speicher für das Stromnetz – Forschungsprojekt FRESH

Der AVG-Fuhrpark des CTA soll bis 2022 rund 100 Fahrzeuge umfassen und ganz mit effizienten und schadstofffreien Lithium-Ionen-Batterien ausgerüstet sein. Eine Besonderheit des CTA: Nicht ausgelastete AGVs sollen dann als flexible Stromspeicher zur Netzstabilität beitragen.

Der Hintergrund: Erneuerbare Energiequellen sind oft wetterabhängigen Schwankungen unterworfen, deren Folgen von kurzen Verspätungen von Uhren bis hin zum totalen Stromausfall reichen können. Eine Lösung dieses Problems sind virtuelle Kraftwerke: Sie gleichen beispielsweise niedrige Produktion aus einer Quelle durch eine andere aus. Überschüsse werden gespeichert. Zusammen mit der Next Kraftwerke GmbH testet die HHLT daher die Möglichkeiten, ihre AGVs als solche mobile Batterien einzusetzen.

Zum Jahresbeginn 2019 wurde dazu im Rahmen des Förderprojekts FRESH Forschungs- und Entwicklungsarbeiten begonnen. FRESH wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Technologieprogramms „IKT für Elektromobilität III“ gefördert.

Das CTA bleibt also technologisch richtungsweisend: Hochautomatisiert, computerkoordiniert und unermüdlich in Bewegung. Demnächst setzt der Superhafen auch also auch ökologisch Akzente. Mit seinen künftig bis zu 100 schadstofffreien automatischen Fahrzeugen wird der CTA durch das FRESH Projekt sozusagen zur kraftvollen Batterie für erneuerbare Energiequellen.

About the Author

Frieder Schwitzgebel Dr. Frieder Schwitzgebel studierte Philosophie und Physik an den Universitäten Mainz und Dijon und arbeitet seit 1996 als Unternehmensjournalist. Er ist Dozent für Wirtschaftsphilosophie an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Wiesbaden. Seine Schwerpunkte sind Neue Technologien, Kontraktlogistik und die Plattformökonomie.