E-Scooter erobern deutsche Innenstädte © stock.adobe.com / Peeradon
E-Scooter erobern deutsche Innenstädte © stock.adobe.com / Peeradon

Nach der offiziellen Erlaubnis für die elektrischen Scooter, kurz E-Scooter, starteten in den letzten Tagen diverse Anbieter mit ihren Sharing-Angeboten in deutschen Städten. Die großen, beiden amerikanischen Anbieter Bird und Lime kämpfen hier in Deutschland mit den europäischen Anbietern, die mit klangvollen Namen wie TIER, Circ, VOI oder Wind Mobility antreten. Doch neben all dem Hype und der Anfangseuphorie ist in Deutschland eine heftige Diskussion um den Nutzen der kleinen, elektrischen Zweiräder entbrannt.

Für die Fans sind die E-Scooter eine perfekte Ergänzung für den Verkehr auf der letzten Meile. Die Befürworter dieser E-Scooter erwarten sich durch das grüne Licht für den E-Tretroller einen generellen Schub für alternative Verkehrsmittel. Bessere Luft und weniger Autos, die wendigen E-Scooter werden als weiteres Verkehrsmittel intelligent im ÖPNV-System der jeweiligen Stadt vernetzt.

Sicherlich nicht zu unterschätzen ist der Spaßfaktor, sowohl für die lokalen Nutzer als auch für die vielen Touristen. Wer einmal mit einem E-Scooter durch die Städte gedüst ist, der weiß welche Freude dieses Fortbewegungsmittel machen kann. Entlang der Isar, am Rheinufer in Düsseldorf oder Köln oder auch an der Außenalster in Hamburg. Scooter fahren macht einfach Spaß.

Ganz anders sehen es die Gegner. Sie befürchten schwere Verkehrsunfälle, ein Chaos mit abgestellten E-Scootern auf Gehwegen, Plätzen und am Straßenrand und ein noch dichteres Gedränge auf den ohnehin bereits knapp bemessenen Fahrradwegen. Denn dort sollen die E-Scooter fahren, per Gesetz.

Wie sehen die Erfahrungen der ersten Tage aus? Wir schauen einmal genauer hin:

Unser erstes Beispiel kommt aus dem Rheinland: Die Kölner haben derzeit die Wahl zwischen drei E-ScooterSharing-Anbietern, die allesamt auf die gleiche Preisstruktur setzen, wie überhaupt dieses Preismodell weltweit gleich angeboten wird. Mit dem Freischalten des jeweiligen E-Scooters per App wird eine Grundgebühr von einem Euro (in den USA ein US Dollar) fällig. Danach fallen jeweils 15 Cent für jede angefangene Minute der Fahrt an. Die Reichweite wird je nach Scooter-Typ zwischen 25 und 50 Kilometern angegeben. Als Betriebszeit gilt in der Regel von sieben bis 22 Uhr. Die Roller werden nachts eingesammelt, auf Schäden überprüft und von Serviceteams der jeweiligen Anbieter aufgeladen, so dass sie am darauffolgenden Tag wieder im Einsatz sein können.

Für die weitere Expansion in den Städten haben die E-Scooter-Startups drei Strategien ausgemacht, die sie ganz unterschiedlich verfolgen. Einige der Anbieter haben deutschlandweite Lizenzen für den Betrieb ihres Sharing-Angebotes erhalten. Somit müssen sie nicht extra mit jeder Stadt vor dem dortigen Launch einen eigenen Betriebsvertrag schließen.

Und doch ist dieses eher vorsichtigere Herangehen an die Stadtoberen ein Erfolgskriterium für die Anbieter. So haben sich vor allem die US-amerikanischen Wettbewerber mit ihrem aggressiven Vorgehen in ihrer Heimat den Zorn der Stadtoberen und der Einwohner zugezogen. Dort wurde einfach mal losgelegt und das Chaos schien vorprogrammiert. Das soll hier in Deutschland nicht passieren.

Die Mobility-Apps in den Städten setzen auf integrierte Angebote

Neben dem eigenen Launch und dem gemeinsamen Ausbau mit den Städten existiert als dritte Strategie die digitale Verzahnung mit den jeweiligen Mobility-Anbietern in den Städten. In Berlin sind erste Scooter-Anbieter in die dortige Jelbi App der BVG integriert, in München wird in diesen Tagen die MVG ebenfalls E-Scooter in ihre Mobility App einbauen. Insofern bekommt der Kunde, der letztlich von A nach B fahren möchte, direkt die besten Lösungsvorschläge für seine Fahrt inklusive der öffentlichen Verkehrsmittel und der privaten Anbieter in der jeweiligen Region angezeigt.

Um wirklich beurteilen zu können, ob E-Scooter mehr sind als eine Spielerei mit hohem Spaßfaktor, müssen wir abwarten, wie sicher und umweltfreundlich die Fahrzeuge in den kommenden Wochen auf den deutschen Straßen unterwegs sein werden. Durch das nächtliche Einsammeln der kleinen Zweiräder werden Vandalismusprobleme, wie wir sie zum Beispiel von den Obike Fahrrädern aus München her kennen, weniger auftreten.

Als Teil einer neuen Mobilitätsoffensive werden die Anbieter akribisch messen, wie sich die Lebensdauer der E-Scooter tatsächlich verhält. In den USA halten die dort genutzten Einstiegsmodelle ‚made in China‘ durchschnittlich gerade einmal 29 Tage. Die hiesigen Anbieter setzen auf weiterentwickelte E-Scooter-Eigenmodelle und steuern mit ihrem nächtlichen, zentralen Service, eher auf eine Haltbarkeit von drei bis vier Monaten hin.

Die kommenden Wochen werden zeigen, ob mit Hilfe der E-Scooter tatsächlich weniger Autos in den Innenstädten fahren. Das wäre sowohl für die Pendler, als auch für die Bewohner in den Städten, eine willkommene Erleichterung.

About the Author

Axel Novak Axel Novak ist freier Journalist in Berlin. Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigt er sich mit der Logistik-Branche und den Veränderungen, denen sie unterworfen ist. Axel Novak schreibt für Zeitungen, für Zeitschriften und für Unternehmen. Seine Schwerpunkte sind allgemeine Wirtschaftsthemen mit dem Fokus auf Mobilität, IT, Energie und Finanzen.