Ein Experiment: Nachdem Probanden aufgefordert werden, den Roboter "Nao" auzuschalten, zögern sie mitunter verdächtig lange. Ein Grund dafür sind das menschenähnliche Äußere, ein anderer seine menschlichen Äußerungen: Nao hat Angst. © Universität Duisburg-Essen
Ein Experiment: Nachdem Probanden aufgefordert werden, den Roboter „Nao“ auzuschalten, zögern sie mitunter verdächtig lange. Ein Grund dafür sind das menschenähnliche Äußere, ein anderer seine menschlichen Äußerungen: Nao hat Angst. © Universität Duisburg-Essen

Professorin Nicole Krämer leitet den Bereich Sozialpsychologie, Medien und Kommunikation an der Universität Duisburg-Essen. Gemeinsam mit ihrem Team hat sie untersucht, wie Menschen mit menschenähnlichen Robotern umgehen. Angesichts der zunehmenden Automatisierung in der Industrie sind diese Forschungen für branchenübergreifende Bereiche wie die Logistik relevant.

Frau Professorin Krämer, zu welchen Ergebnissen sind Sie bei Ihren Forschungen gekommen?

Wir untersuchen, wie Menschen auf Roboter reagieren und mit ihnen interagieren. Für mich ist es immer wieder überraschend zu sehen, zu welchen Ergebnissen diese Untersuchungen führen: In der Interaktion mit der Maschine verhalten sich Menschen wie in der interpersonalen Kommunikation. Sie sind also höflich, sprechen deutlich und lächeln, wenn der Roboter sie anlächelt.

Was bedeutet das?

Menschen können nicht verleugnen, dass sie soziale Wesen sind. Sobald ein Roboter sichtbare Hinweisreize wie zum Beispiel ein Gesicht hat, die beim ersten Eindruck Menschenähnlichkeit vermitteln, dann reagieren Menschen darauf entsprechend. Erstaunlich ist zum Beispiel, dass die Testpersonen sich geschmeichelt fühlen, wenn sie ein Kompliment von Robotern bekommen. Das ist den Menschen nicht unbedingt bewusst. Interessant wird es, wenn es um das Abschalten von sprechenden Robotern geht. Menschen reagieren extrem sensibel auf die Ansprache durch die Maschine. Es fällt ihnen schwer, jemanden auszuschalten, der zu ihnen gesprochen hat. So verhält man sich ja auch nicht in der Interaktion mit anderen Menschen.

Heute werden Roboter zum Beispiel in logistischen Umschlagzentren eingesetzt. Was sind denn die Konsequenzen aus Ihrer Arbeit für diejenigen, die Roboter im Arbeitsalltag einführen?

Man muss sehr vorsichtig sein, wie sehr man Roboter mit sozialen Hinweisreizen wie einer menschenähnlichen Gestalt oder einem Gesicht ausstattet, weil starke Reize bei Menschen zu verwirrenden Reaktionen führen können. Das ist deswegen problematisch, weil Roboter keine lebendigen Wesen sind und auch nicht so erscheinen sollen. Sicher ist das heute noch kein allzu großes Thema, aber in ein paar Jahrzehnten könnte das anders sein. Es ist aus ethischer Sicht wichtig, dass immer deutlich wird, dass ein Roboter ein künstliches Wesen ist.

Wie sollten Menschen auf ihre maschinellen Kollegen reagieren?

Menschen sollten sich immer bewusst machen, dass Roboter Maschinen sind. In einem Team hängt die Wahrnehmung eines Roboters von seiner Autonomie und von seinen Fähigkeiten ab. Denn auch die Mitarbeiter im Warehouse merken: Roboter sind ja momentan noch dumm. Die können ja nichts außer schnell an den Regalen entlangfahren und schwere Dinge heben. Ohne menschliche Intelligenz und Steuerung funktioniert da noch nichts.

Nun dreht sich bislang alles um Roboter, die Aufgaben erfüllen. Wie sieht es aus mit der Maschine, die in der Arbeitspause neben dem Mitarbeiter im Warehouse steht und einen Plausch anbietet?

Ich glaube nicht, dass Maschinen am Arbeitsplatz solche Fähigkeiten benötigen. Arbeitgeber wollen keine Roboter, die Arbeitszeit wegnehmen. Aber das Thema ist psychologisch sehr interessant. Es gibt ja mittlerweile viele Überlegungen für solche Companion-Robots, die nicht nur ein Wasserglas bringen, sondern auch für Smalltalk zur Verfügung zu stehen. Aus psychologischer Sicht helfen solche Fähigkeiten Menschen ohne soziale Kontakte. Wir sollten aber darauf achten, dass der Roboter zur sozialen Interaktion anregt. Im Alten- oder Pflegeheim kann das heißen, dass er dem alten Menschen nicht nur signalisiert: XY ist gerade online, sondern dann den Appell ausspricht: Willst du nicht mit XY skypen?

Woran forschen Sie derzeit?

Wir untersuchen an der Uni Duisburg-Essen, wie die Kommunikation mit Robotern die Kommunikation der Menschen untereinander verändert. Interessant ist auch, wie viel Informationen Menschen darüber benötigen, welche Algorithmen die Maschinen verwenden beziehungsweise wie sie in Ansätzen funktionieren. Das ist ein mehrjähriges Projekt, das die VW-Stiftung unterstützt. Grundsätzlich geht es um das Bewusstsein, mit einer Maschine zu kommunizieren. Die Frage ist: Ist es hilfreich, wenn Maschinen stärker selbst erklären, mit welchen Algorithmen sie arbeiten, welche Fähigkeiten sie haben und was mit den persönlichen Daten der menschlichen Nutzer passiert? Insbesondere letzteres wird ja häufig verdrängt.

Warum interessiert Sie dieser Bereich persönlich?

Ich erforsche seit 20 Jahren die Interaktion Mensch-Maschine und untersuche nonverbale Kommunikationsformen. Es interessiert mich sehr, wie Menschen kommunizieren und reagieren, wenn die Kommunikation anders abläuft. Wir lernen viel über unsere soziale Natur. Und natürlich: Wenn wir den Menschen besser verstehen, können wir auch die Roboter verbessern.

About the Author

Axel Novak Axel Novak ist freier Journalist in Berlin. Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigt er sich mit der Logistik-Branche und den Veränderungen, denen sie unterworfen ist. Axel Novak schreibt für Zeitungen, für Zeitschriften und für Unternehmen. Seine Schwerpunkte sind allgemeine Wirtschaftsthemen mit dem Fokus auf Mobilität, IT, Energie und Finanzen.