Ein unterirdisches Röhrensystem für die vorletzte Meile entlastet den innerstädtischen Straßenverkehr. © Smart City Loop
Ein unterirdisches Röhrensystem für die vorletzte Meile entlastet den innerstädtischen Straßenverkehr. © Smart City Loop

Strom, Wasser und Fernwärme werden ja auch unterirdisch zum Verbraucher befördert. Warum also sollen sich Päckchen und Paletten mit Nudeln oder Sommermode weiterhin über Tage durch die Rushhour der Innenstadt quälen? Es ist Zeit für neue Konzepte, die die City-Logistik entlasten und beleben.

Ein Ansatz lautet: Ab durch die Röhre! Die Idee ist nicht neu. Aber diesmal wird sie konsequent zu Ende gedacht: Paletten nehmen einen Weg unterhalb von Straßen, Kreuzungen, Ampeln und Stau. Aus Sicht von Smart City Loop lohnt sich ein unterirdisches Röhrensystem für Städte ab 200.000 Einwohner. In Deutschland gibt es davon immerhin 40. Das Unternehmen hat sich auf die Entwicklung und Implementierung solcher Transportsysteme im städtischen Bereich spezialisiert.

Vorletzte Meile: vom Urban Hub zum City Hub

Angedacht sind Röhren mit einem Durchmesser von vier Metern. Da ist Platz für eine Spur rein in die City und eine für raus. Denn Leergut, Remittenden und Verpackungsmaterial müssen wieder zurück. Außerhalb der Stadt, wo sich die großen Güterverteilzentren befinden, wird ein sogenanntes Urban Hub errichtet. Dort gehen die Paletten auf Tauchstation und werden durch die Röhre in die City befördert. Das übernimmt ein fahrerloses Transportsystem mit elektrischem Antrieb. Das Gesamtkonzept ist eher von einer U-Bahn inspiriert als von einem Taxi. Der Transport durch die Röhre endet nicht direkt beim Empfänger an der Haustür oder Warenrampe, sondern an einem „Bahnhof“, der in diesem Kontext City Hub heißt.

Die Strecke zwischen Urban Hub außerhalb und City Hub mitten in der Stadt nennt der Logistiker vorletzte Meile. Die Länge der Point-to-Point-Verbindung hängt natürlich von der Lage der Hubs ab. Realistisch ist eine bis zu fünf Kilometer lange Röhre. Für die letzte Meile ab dem City Hub ist wieder der Spediteur zuständig, der die Waren vor den Toren der Stadt an die Röhre übergeben hat. Diese Feinverteilung, sagen wir mal für die restlichen zwei bis drei Kilometer zum Empfänger, übernehmen im Idealfall elektrisch betriebene Kleintransporter oder Lastenfahrräder mit Elektromotor.

Zum Beispiel Hamburg

Und ab wann geht es durch die Röhre? In Hamburg etwa läuft die Suche nach geeigneten Immobilien für Urban und City Hubs mit behördlicher Unterstützung. Die Rede ist von einem System, das jährlich rund 2,7 Millionen Paletten bewegt. „Nach unseren Berechnungen könnte ein Röhrensystem mit zwei Urban Hubs und zwei City Hubs ein Viertel von dem Volumen transportieren, das in die Hamburger City geht“, sagt Christian Kühnhold, geschäftsführender Gesellschafter von Smart City Loop. Eine Machbarkeitsstudie für die Hansestadt liegt vor. Dazu Kühnhold: „In der Vergangenheit ist oft argumentiert worden, unterirdische Transportsysteme seien zu teuer oder nicht realisierbar. Die Machbarkeitsstudie für die Stadt Hamburg hat klar gezeigt, dass dies nicht der Fall ist.“

Die Nutzer der Röhre entrichten eine Transportgebühr. „Unser System soll den Transport für klassische Speditionen mindestens kostenneutral durchführen, für Paketdienstleister wird es günstiger“, haben Kühnhold und seine Leute ermittelt. Wer auf jeden Fall spart, ist die Umwelt. Pro Röhrensystem sollen es im Jahr 10.000 Tonnen Kohlendioxid sein. Das entspricht dem, was bei einer 100 Millionen Kilometer langen Autofahrt anfällt. Von der Straßenentlastung ganz zu schweigen.

About the Author

Andreas Pietsch Der freie Journalist Andreas Pietsch ist auf Logistik-Themen spezialisiert. Er schreibt seit 1992 für DB Schenker beziehungsweise für die Vorgängergesellschaften. Am meisten angetan haben es ihm die Themen aus Landverkehr, Seefracht und Kontraktlogistik. Aber auch bei der Luftfracht weiß er, wie man einen Sachverhalt treffend auf den Punkt bringt.