Die Vulkaninsel Tristan da Cunha hat keinen Flughafen – sie ist nur über eine fünf- bis zehntägige Schiffspassage aus Kapstadt zu erreichen. © stock.adobe.de/ Peter
Die Vulkaninsel Tristan da Cunha hat keinen Flughafen – sie ist nur über eine fünf- bis zehntägige Schiffspassage aus Kapstadt zu erreichen. © stock.adobe.de/ Peter

Tristan da Cunha liegt mitten im südlichen Atlantischen Ozean, zwischen Südafrika und Südamerika. Die Distanz zu Cabo Frio in Brasilien beträgt rund 3.200 Kilometer und auch das Kap der Guten Hoffnung liegt knapp 2.800 Kilometer entfernt. Die Insel ist ein Britisches Überseegebiet – die Einwohner von Tristan da Cunha sind zwar keine britischen Staatsbürger, die Insel steht jedoch unter der Souveränität Großbritanniens. In Tristan da Cunha gibt es für die 243 Menschen, die hier leben, und die wenigen Reisenden, die es hierher schaffen, zwar keinen Badestrand, doch ein kleiner Supermarkt, ein Pub und ein Museumscafé ermöglichen den nötigen Komfort – selbst am geografischen Ende der Welt.

Es gibt nur eine Möglichkeit zur Insel zu gelangen: das Schiff

Nicht nur Drogerieprodukte, Bücher und Alkohol müssen also eine Strecke von mindestens 2.810 Kilometern per Schiff überwinden. Auch Maschinen, Werkzeuge und Geräte für Landwirtschaft und Fischerei, medizinische Produkte für das örtliche Krankenhaus, Bücher für die Schule, Kleidung und elektronische Artikel sind begehrt und müssen ebenfalls über den langen Seeweg zur Insel gebracht werden.

Von Kapstadt wird einmal im Monat das Versorgungsschiff Helena nach Tristan da Cunha entsendet. Das ist Routine, denn schon seit den 1960er Jahren wird die Insel nur monatlich angelaufen. Das Schiff Helena versorgt die Inseln St. Helena, Ascension und Tristan da Cunha, alles britische Überseegebiete. Auf St. Helena gibt es mittlerweile einen Flughafen. Tristan da Cunha ist weiterhin nur per Schiff zu erreichen. Auch befestigte Straßen sind Mangelware, allerdings gibt es einen öffentlichen Kleinbus.

Die Herausforderung für Exportgüter, Importwaren, aber auch die Reisenden besteht in den Wind- und Wetterverhältnissen rund um die Vulkaninsel: Ist der Wellengang zu stark, muss die Versorgungsfuhre oder Einreise abgebrochen werden. Dabei sind die Inselbesucher fünf bis zehn Tage im Schiff aus Kapstadt in Südafrika angereist. Das sind mindestens 120 Stunden ohne landschaftliche Abwechslung, nur der endlose Blick aufs Meer.

Keine Online-Bestellungen ohne Postleitzahl

Für Lieferungen gab es bis vor einigen Jahren noch eine weitere Hürde zu bewältigen. Tristan da Cunha hatte keine eigene Postleitzahl. Viele Online-Händler schickte Waren deshalb gar nicht erst auf den Weg. Auch Post ging ab und an verloren, schließlich teilt sich die Hauptstadt der Insel, Edinburgh of the Seven Seas, den Namen mit der schottischen Metropole Edinburgh. Das Problem wurde 2005 gelöst, als Tristan da Cunha eine eigene Postleitzahl erhalten hat. Inzwischen gibt es sogar ein Internetcafé und der Onlinehandel ist auch hier ins Rollen gekommen: Same-Day-Lieferungen bleiben den Bewohnern jedoch weiterhin vorenthalten, Lieferungen brauchen bis zu vier Wochen auf die Insel.

Die Inselbewohner müssen ihre Warenbestände also gut im Auge behalten und rechtzeitig Nachschub bestellen. Die tägliche Versorgung mit Lebensmittel ist jedoch nicht von den Schiffslieferungen abhängig: Am Rand der Hauptstadt, die auch die einzige Siedlung auf der Insel ist, liegen einige wenige Felder, auf denen Kartoffeln und anderes Gemüse angebaut wird. Außerdem werden Kühe gehalten, deren Anzahl jedoch limitiert ist, damit keine Überweidung stattfindet.

Das Leben auf Tristan da Cunha ist sehr beschaulich und bei nur 243 Einwohnern fällt es nicht schwer, jeden einzelnen zu kennen. „Wir sind eine große Familie auf dieser Insel. Unsere Türen müssen wir nicht abschließen. Und wenn jemand Hilfe benötigt, weil zum Beispiel das Hausdach repariert werden muss, helfen alle“, erklärt Harold Green, der schon sein ganzes Leben auf Tristan da Cunha wohnt.

Tristan da Cunha liegt zwar vermeintlich am Ende der Welt, doch auch hierhin finden Transporte ihren Weg. Die Insel liegt versorgungstechnisch also keineswegs verloren im Nirgendwo.

Historischer Exkurs
Abenteuerlich am Inselleben ist übrigens nicht nur die Logistik, auch die Geschichte ist ein wenig speziell. Der Namensgeber Tristão da Cunha war ein portugiesischer Admiral, der die Insel 1506 entdeckte. Anstoß zur Besiedlung gab erst die Verbannung Napoleons in das rund 2.000 Kilometer entfernte St. Helena. Die Briten annektierten 1816 die Insel Tristan da Cunha, um den berühmten Exilanten von hier aus im Blick zu behalten und seine Rückkehr nach Europa zu verhindern – auch nach Napoleons Tod blieben einige von ihnen hier. Neben ihren Nachfahren setzt sich die Bevölkerung aus ehemaligen Walfängern und Gestrandeten zusammen. Inzwischen gibt es sehr selten Besucher, die sich in die Insel verlieben und sie nicht mehr verlassen.

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